„Es darf nicht top-heavy sein“ – Warum der GamerHub echte Chancen hat

Das Konzept des GamerHubs macht seit einigen Monaten in der Schweizer Esports-Szene die Runde: Als ambitionierter Versuch, dem wettbewerbsorientierten Gaming hierzulande neue Strukturen und langfristige Perspektive zu geben. Ziel ist es, nicht nur einzelne Turniere durchzuführen, sondern eine dauerhafte Plattform zu schaffen, die Spieler*innen auf allen Leistungsniveaus abholt – mit echtem Community-Fokus.

Doch was braucht es wirklich, damit so ein Vorhaben nicht in der Ideenphase stecken bleibt?

Um das besser zu verstehen, hat eSports.ch mit Manuel Oberholzer gesprochen – Mitbegründer und COO der MYI, Agentur für Gaming & Nerd-Kultur. Er kennt die Szene wie kaum ein anderer: MYI war an der Entwicklung zahlreicher Schweizer Esports-Formate beteiligt, unter anderem auch an der TCS Esports League, einer der wenigen Competitions, der bis heute besteht.

„Es war nichts für die Breite“ – Rückblick auf vergangene Ligen

Oberholzer beobachtet die Entwicklung der Szene differenziert – mit viel Nähe zur Community und klarer Analyse. „Es gab viele Ligen & Turniere – bis vor etwa zwei Jahren. Danach ist eigentlich alles ausgestorben. Übrig geblieben sind unter anderem diverse FGC-Events und die TCS Esports League.“ Dass dieses Format bis heute existiert, sei keine Selbstverständlichkeit: „Dem TCS ist es sehr hoch anzurechnen, dass sie sich weiter im nationalen Esports engagieren.“

Andere Projekte hingegen verschwanden nach kurzer Zeit wieder von der Bildfläche – trotz professionellem Setup und finanzieller Ressourcen. Woran lag das?

„Viele Ligen, die es so gab, waren alle sehr top-heavy. Es gab wenig für die Breite. Und genau da müsste man ansetzen.“ Gemeint ist: Es fehlte an Angeboten für Spieler unterhalb der absoluten Spitze – an Einstiegsmöglichkeiten, an Identifikation, an Mitgestaltung. „Es muss von den Grassroots ausgehen, wie das beispielsweise die Swiss Esports League gemacht hat“, sagt Oberholzer. Erst wenn die Basis funktioniert, könne ein stabiles, kompetitives Umfeld entstehen.

GamerHub: Vision mit Potenzial – aber kein Schnellschuss

Genau hier setzt der GamerHub an. Mit seiner Idee, eine offene, mehrstufige Turnierstruktur zu etablieren, die auch neue Talente anzieht, will das Projekt die Lücke zwischen Gelegenheitsspiel und Esport-Karriere schliessen. Für Oberholzer eine vielversprechende Vision: „Genau hier muss man ansetzen. Ich finde es mega, dass sich das OK so engagieren will für die Szene“

Aber er warnt auch vor überhöhten Erwartungen: „Man darf das auf keinen Fall erzwingen. Es muss wachsen. Esports gibt es vielleicht 20 Jahre – Fussball beispielsweise schon über 100. Man muss dem Ganzen halt die Chance geben.“

Für ihn steht fest: Der Erfolg eines Projekts wie dem GamerHub hängt massgeblich davon ab, wie greifbar es für die Community ist – und wie konsequent es auf Langfristigkeit ausgerichtet wird. „Die Basis muss mitgenommen werden, es braucht auf jeden Fall viel Engagement“, sagt er.

„In jeder Stadt ein Clubheim“ – Vision der perfekten Esports-Zukunft

Für die Zukunft wünscht sich Oberholzer eine strukturelle Annäherung an den klassischen Sport. In seiner Idealvorstellung gäbe es in ein paar Jahren Esports-Clubheime in jeder Stadt, vergleichbar mit Fussballvereinen. Orte, an denen Jugendliche trainieren, sich austauschen und Schritt für Schritt ins kompetitive Gaming hineinwachsen – mit Unterstützung, Orientierung und auch einem gewissen Mass an Sicherheit für Eltern.

„Es braucht Strukturen, die bleiben. Wenn man das hinbekommt, kann Esports als gesellschaftlich akzeptiertes Feld weiter wachsen.“

Chancen erkennen – und wachsen lassen

Der GamerHub bringt vieles mit, was bei vielen Projekten gefehlt hat oder woran andere gescheitert sind: den Fokus auf die Breite, eine klare Communityverbindung, und die Bereitschaft, langfristig zu denken. Für Manuel Oberholzer ist das Projekt ein notwendiger Schritt in die richtige Richtung – solange es organisch wachsen darf und nicht in alte Muster zurückfällt.

„Das Wichtigste ist, dass die Szene die Ambitionen der Organisatoren supportet, statt direkt wieder kritisch zu sein. Grassroot-Projekte scheitern häufig daran, dass engagierte Funktionäre nach einer Anfangs-Euphorie ihre Motivation verlieren. Wir brauchen mehr Macherinnen und Macher und weniger Backseater“

Wenn das gelingt, dann könnte der GamerHub mehr werden als nur eine neue Liga – sondern ein echtes Zuhause für kompetitives Gaming in der Schweiz.

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