G2 Esports in CS2: Ein beispielloser Absturz aus der Weltspitze

G2 Esports stand 2023 noch ganz oben, als sie prestigeträchtige Titel bei der IEM Katowice und IEM Cologne gewannen und sich zu den besten Teams der Welt zählten. Doch in den zwei Jahren danach erlebte das Team einen dramatischen Fall von einem der stärksten Line-ups der Szene zu einem über Jahre hinweg schlecht geführten Haufen voller ungenutzter Potenziale und schwerwiegender strategischer Fehler.

Die Probleme begannen mit einem Management, das die Dynamiken im Team nicht verstand und Entscheidungen über die Köpfe der Spieler hinweg traf. CEO Alban „Stilgar“ Dechelotte und Manager Petar „peca“ Marković – die entscheidenden Köpfe hinter G2s Kurs – haben in den letzten Jahren immer wieder bewiesen, dass sie weder die langfristige Perspektive noch das notwendige Fingerspitzengefühl besitzen, um mit einem Team dieses Kalibers erfolgreich zu steuern. Was als schneller und effektiver Rebuild erscheinen sollte, endete in einer chaotischen Reihe von Fehlentscheidungen und unvorhergesehenen Abgängen. Als Basis für diesen Artikel dienen in erster Linie die Aussagen des ehemaligen Coaches, Jan „Swani“ Müller, bei HLTV-Confirmed.

Mittlerweile beide bei Falcons, NiKo und m0NESY. | © HLTV

Die Trennung von jks und der Umgang mit nexa

Der erste grössere Fehler von G2 war die Entscheidung Justin „jks“ Savage im Dezember 2023 auf die Bank zu setzen. jks, der als ruhiger, aber extrem starker Spieler im Team fungierte, wurde nach einer starken Saison überraschend gebenched. Swani, der damalige Coach, empfahl stattdessen Rasmus „sjuush“ Beck von HEROIC als Ersatz, um die Rolle des „Anchor“ stärker zu besetzen. Stattdessen entschied sich das Management für Nemanja „nexa“ Isaković – eine Entscheidung, die aus verschiedenen Gründen problematisch war.

nexa, der schon von 2019 bis 2021 als IGL für G2 aktiv war, sollte die erhoffte zweite Stimme neben Kapitän Rasmus „HooXi“ Nielsen liefern. Das Problem: nexas Kommunikation als Spieler war nie besonders lautstark, und die Erwartungen, ihn als motivierenden Anführer neben dem eher ruhigen HooXi zu positionieren, verpufften schnell. Der Plan ging nicht auf. G2 verlor durch diesen Umbruch nicht nur Stabilität, sondern auch die gewonnene Synergie aus der vergangenen Zeit.

Swani, ausgebrannt und allein

Mit dem Rücktritt von Swani im Dezember 2023 verlor G2 nicht nur einen langjährigen Begleiter des Cores, sondern auch die letzte Konstante im Trainerteam. Swani sprach offen über fehlende Unterstützung – keine Analysten, kein Assistant Coach, 200 Tage auf Tour, allein mit Ingame-Leader HooXi für alle Aspekte des Teammanagements verantwortlich.

Gleichzeitig beging G2 eine der schwerwiegendsten strategischen Fehleinschätzungen: Der verfügbare Eetu „sAw“ Saha – damals nach dem Zerfall des ENCE-Kerns kurzfristig ohne Organisation – wurde nicht verpflichtet, obwohl er nachweislich über Jahre hinweg ein Top-Team aufgebaut hatte. Stattdessen setzte man mit Wiktor „TaZ“ Wojtas auf einen unbewiesenen Rookie-Coach – gegen den Willen von HooXi. Damit wurde bereits im Dezember 2023 ein fataler Grundstein gelegt: ein inkompatibles Duo an der Spitze, ein strategieloser Rebuild, ein komplett falsch eingeschätzter Markt.

Hätte sich mehr Unterstützung gewünscht, Swani. | © HLTV

NiKos Abgang und der Verlust der Identität

NiKo wollte ursprünglich bereits im Herbst 2023 zu Falcons wechseln, G2 war auf dieses Szenario vorbereitet und wollte neben sjuush als jks-Ersatz auch Guy „NertZ“ Iluz verpflichten. Doch NiKo blieb und verpflichtete sich dazu, auch 2024 für G2 zu spielen.

Im Sommer 2024 korrigierte G2 schliesslich den nexa-Fehler und holte Mario „malbsMd“ Samayoa von M80, sowie den früheren Teamkollegen von Coach TaZ, Janusz „Snax“ Pogorzelski, als neuen IGL. HooXi musste somit ebenfalls auf die Bank. Viel entscheidender jedoch war, NiKos Abgang zum Januar 2025 stand ebenfalls fest.

Während der Übergangszeit im Herbst 2024 konnte G2 noch zwei bedeutende BLAST-Titel gewinnen – durchaus ein Erfolg. Doch mit NiKos Abgang wurde klar, dass Snax kein geeigneter IGL war und der Trainerwechsel zu TaZ ebenfalls keine stabilisierende Wirkung hatte. Beide waren nicht in der Lage, die nötige taktische Tiefe und Führung zu liefern, die das Team benötigte. NiKo war ein Anführer, er koordinierte stets die CT-Seiten und übernahm auch phasenweise als Main-Caller, so Swani.

Diese Fehler sind besonders schmerzhaft, wenn man bedenkt, dass G2 schon viel früher in der Lage gewesen wäre, einen jungen, aufstrebenden IGL zu verpflichten, der die Leitung langfristig übernehmen könnte. Die fehlende Weitsicht, diese Entscheidung bereits früher zu treffen, wird nun umso deutlicher, da das Team nach NiKos Abgang ohne klare Führung dasteht.

m0NESY-Verlust mit Ansage

Der jüngste Transfer von Ilya „m0NESY“ Osipov, der in einem instabilen Line-up keine Perspektive mehr sah, ist exemplarisch. Die Organisation verlor binnen Monaten ihre zwei grössten Assets, nicht an stärkere Teams, sondern an ein ambitionierteres Projekt mit klarerer Vision – Falcons.

In m0NESY verlor G2 nicht nur ihren statistisch besten Spieler des vergangenen Jahres, sie mussten den gerade besten AWPer ziehen lassen, weil sie ihm kein angemessenes Umfeld mehr bieten konnten. Er folgte NiKo und gilt neben Vitality mit den Falcons als Topfavorit für den Major-Gewinn im kommenden Monat.

Im Rückblick wird klar: Mit einer Verpflichtung von sAw direkt nach dem Swani-Aus, einem mutigen jungen IGL-Zugang statt des halbherzigen Snax-Experiments und einem klaren strategischen Plan hätte G2 das Jahr 2024 und wohl auch 2025 dominieren können. Die Entscheidung, stattdessen TaZ zu holen, wirkt heute wie ein Kardinalfehler. Und wie so oft in solchen Fällen war er hausgemacht.

Der wohl schmerzhafteste Verlust leistungstechnisch ist m0NESY. | © HLTV

Die Zukunft von G2: Ein letzter Versuch mit sAw und SunPayus

Die im Raum stehende Entscheidung, nach dem im Juni stattfindenden Major in Austin, sAw als Coach und Álvaro „SunPayus“ García als AWP-Spieler zu verpflichten, ist G2s letzte Hoffnung, sich von den verpassten Chancen zu erholen. Während das Management in der Vergangenheit wiederholt Fehler machte, könnte dieser Wechsel zu einem notwendigen Neustart führen, um wieder konkurrenzfähig zu werden.

Doch ein wichtiger Punkt bleibt: der IGL. Ein passender Ingame-Leader muss her, der das Team nicht nur taktisch führt, sondern auch mit den Spielern auf einer persönlichen Ebene zusammenarbeitet. G2 hat immer noch das Potenzial, eine dominierende Mannschaft zu werden – aber dieser potenzielle Erfolg steht und fällt mit der Wahl des richtigen IGLs. In dieser Hinsicht muss das Management von G2 endlich die richtigen Schlüsse ziehen und dann sAw die Freiheit geben, diesen entscheidenden Schritt zu gehen.

Was G2 in den letzten zwei Jahren versäumt hat, lässt sich nicht so leicht korrigieren. Der Verlust von NiKo und m0NESY sowie die kontinuierlichen Umstrukturierungen haben das Team nachhaltig geschwächt. Doch es gibt noch Hoffnung. Mit sAw und SunPayus könnte G2 wieder zu einem wettbewerbsfähigen Team werden – aber der Schlüssel liegt in der Wahl des richtigen IGL. Wird das Management den richtigen Schritt machen? Die Zeit wird es zeigen. Doch eines ist klar: Ohne grundlegende Veränderungen im Management und den Fokus auf strategische Kontinuität wird G2 weiterhin in der Bedeutungslosigkeit verweilen.

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