Clair Obscur: Expedition 33 – 9,7 Userbewertung auf Metacritic

Mit einem User-Score von 9,7 auf Metacritic und über zwei Millionen verkäufen hat „Clair Obscur: Expedition 33“ Massstäbe gesetzt. Dabei stammt es von einem 30-köpfigen Team, das ohne grosses Budget die Erwartungshaltung an moderne JRPGs völlig umgedreht hat.

Eine Welt im Griff der Gommage

In Clair Obscur liegt der Fluch direkt vor deinen Füssen: Der Monolith. Hoch und unübersehbar ragt er in den Himmel, und jährlich notiert eine geheimnisvolle Instanz, die „Malerin“, eine neue Zahl. Wer älter ist, verschwindet spurlos. Dieses Ritual, die Gommage, macht aus der idyllischen Stadt Lumière eine Metropole der Trauer. Wunderschöne Fassaden im Stil der Belle Époque, prächtige Boulevards und blühende Parks stehen in krassem Kontrast zu den angespannten Mienen der Einwohner:innen. Als Mitglied der Expedition 33 sollst du dem Spuk ein Ende setzen – was in der Theorie heroisch klingt, in der Praxis aber mit einem Schiffbruch beginnt.

Nach dem ersten Ritual kentert das Boot deiner Truppe direkt an der Küste einer unbekannten Insel. Nur Gustave, Maelle, Lune und Sciel überleben, während der Rest deiner Kamerad:innen in den Wellen verschwindet. Kaum an Land, merkst du: Diese vermeintliche Insel ist in Wahrheit ein riesiges Archipel, in dem surreal anmutende Naturphänomene warten. Manche Strände sehen aus wie karibische Urlaubsparadiese, andere Klippen sind eiskalt und von meterdicken Eisschollen übersät. Zwischendurch schwebt an manchen Orten ein versunkenes Wrack in der Luft oder riesige Granitfelsen stauen sich zu bizarren Geoden, als gäbe es keine Schwerkraft. Jeder Schritt lädt zum Erkunden ein – selbst wenn gelegentliche Pop-ins die Immersion kurz trüben.

Clair Obscur: Expedition 33 – das neue JRPG mit Timing-Kämpfen und 9,7 Metacritic-Score von Fans und Kritikern
Quelle: Steam / Sandfall Interactive

Vier Schicksale, eine Mission

Der Kern des Spiels sind vier Hauptfiguren, deren Beziehungen die Emotionalität der Geschichte tragen. Jeder von ihnen steht für einen Aspekt der Gommage-Thematik:

Gustave ist der in die Jahre gekommene Mentor, dessen Stimme leicht brüchig klingt, wenn er das Wort „Verantwortung“ ausspricht. Er trägt die Schuld darüber, dass seine Freunde ihn in die Untiefen geschickt haben, und ringt mit der Frage, ob er seinem Idealismus noch folgen kann.

Maelle verlor als Kind durch eine frühere Gommage ihre Eltern. In ihren Paraden und Kontern spiegelt sich ihr Wunsch nach Kontrolle über das Unkontrollierbare. Diese charakterliche Bruchlinie zwischen Stärke und innerer Zerrissenheit macht jeden Kampf mit ihr zu einem persönlichen Drama.

Lune ist eine mysteriöse Zauberin, die ihre Magie aus leuchtenden Kristallen – den „Flecken“ – bezieht. Diese Aura lässt sie zugleich kühl und distanziert erscheinen. Erst im Laufe der Story entdeckt man, dass Lune ihre Kräfte als Ablenkung nutzt, um sich vor schmerzhaften Erinnerungen zu schützen.

Sciel ist die ruhige Heilerin der Gruppe. Ihr burgenbauähnliches Camp, in dem sie Heilkräuter destilliert und Tränke braut, bietet den Spieler:innen zwischen den Missionen einen Ort der Sicherheit. Doch hinter ihrer Gelassenheit verbirgt sich die Angst, die Gruppe durch einen Fehler zu vernichten – eine Verantwortung, die sie mehr schmerzt als jeder physische Angriff.

Ergänzt wird dieses Quartett durch Nebencharaktere, die für den nötigen Humor und unerwartete Wendungen sorgen. Monoco, ein gigantischer Gestral aus lebendigem Stein, begründet seinen Kampfrausch als „meditative Übung“. Mit jedem Hieb murmelt er Zen-Weisheiten. Esquie, das übergrosse Huhn mit hühnertypischer Nonchalance, kämpft in groteskem Getümmel gegen seine Mitbewohnerin François, eine tiefenentspannte Schildkröte. Deren Streitereien lockern die stetige Traurigkeit über die Gommage auf und schenken den Spieler:innen Lacher, wenn sie ihn am Lagerfeuer erleben.

Clair Obscur: Expedition 33 – das neue JRPG mit Timing-Kämpfen und 9,7 Metacritic-Score von Fans und Kritikern
Quelle: Steam / Sandfall Interactive

Timing-Action im rundenbasierten Kampf

Ein zentrales Alleinstellungsmerkmal von Clair Obscur ist das Kampfsystem – und hier beginnt der Zauber, der Metacritic-Nutzer:innen zu 9,7 bewegt. Auf den ersten Blick wirken die Gefechte klassisch: Deine Charaktere stehen in einer Reihe, ein Menü erlaubt dir Attacken, Magie, Tränke und Spezialmanöver, während eine Leiste namens „Initiative“ deine Zugreihenfolge anzeigt. Doch sobald ein Feind ausholt, pausiert das Spiel für einen Bruchteil einer Sekunde und bietet dir die Möglichkeit, in Echtzeit zu blocken oder auszuweichen. Triffst du den richtigen Moment, wird der Angriff vollständig abgewehrt und füllst stattdessen eine neue Leiste: die Spezialanzeige, mit der du mächtige Zusammenbrüche, Flächenschäden oder elementare Explosionen auslöst.

Bei normalen Gegnern löst dieses Quick-Time-Event (QTE) ein sanftes Vibrieren des Controllers aus; bei Bossen schlägt der Widerstand in ein Trommelfeuer aus Pulsieren um und erzeugt einen regelrechten Herzinfarkt-Leerlauf. Wer präzise ist, glättet den Verlauf, haucht dem Encounter Struktur ein und spart Heiltränke. Wer danebenliegt, kassiert oft fatalen Schaden. Genau diese Gratwanderung zwischen Strategie und präziser Reaktion hebt Clair Obscur weit über eine reine Rundenmechanik hinaus und hinterlässt den Eindruck: Jeder Schlag zählt, jeder Fehltritt kann die Gruppe vernichten.

Masken, Mächte und Metacritic

Ein weiteres taktisches Element sind die Masken: Vor jedem Zug wählst du eine Maske, die entweder deine Magie, deine physischen Attacken oder deine Konter stärkt. Wenn Maelle in Maske „Stahl“ einen Hieb ausführt und das Gegen-QTE perfekt meistert, bohrt sich eine knisternde Energieschicht durch den Gegner. Lune kann mit Maske „Magie“ Eisstachel und Flammenwand kombinieren. Sciel wiederum nutzt Maske „Echo“, um „perfect parries“ in Zusatzheilschübe umzuwandeln. Dieser kreative Würfelwurf an taktischen Möglichkeiten erklärt, warum sogar Genre-Veteranen nicken, wenn sie in der Fachpresse ihre 92 Punkte vergeben.

Clair Obscur: Expedition 33 – das neue JRPG mit Timing-Kämpfen und 9,7 Metacritic-Score von Fans und Kritikern
Quelle: Steam / Sandfall Interactive

Verlust als tragisches Leitmotiv

Der Schmerz, geliebte Menschen hilflos verschwinden zu sehen, ist der rote Faden, der sich durch alle Dialoge zieht. Die Autoren lassen dich nicht nur an der Oberfläche kratzen, indem sie dich herumkommandieren, Missionen erfüllen und Belohnungen einsammeln. Du erfährst, wie Maelle ihre verstorbenen Eltern im Traum besucht, während der Monolithenregen plötzlich auf Brüder niedergeht. Du siehst, wie Gustave vor dem Lagerfeuer in Tränen ausbricht, wenn er den letzten Brief seiner Jugendfreundin findet. Diese Szenen setzen sich fest, weil sie ohne Pathos echten Schmerz vermitteln und gleichzeitig das Gefühl hinterlassen, dass deine Aktionen etwas verändern können – ein seltenes Versprechen für JRPGs, die sonst gern in weitschweifigen Erzählungen steckenbleiben.

Die Pracht und die Patzer

Bei aller Liebe zum Detail wurde Clair Obscur nicht in einem AAA-Studio entwickelt. Pop-ins sind an manchen Übergängen sichtbar, wenn Texturen nachgeladen werden. Minispiele, in denen du zwischen Felsformationen herumspringst oder Fischer-Netze flickst, fühlen sich mitunter schwammig und unausgereift an. Die Camp-Dialoge sehen – abgesehen von Zwischensequenzen – etwas starr aus, die Lippen bewegen sich nicht immer synchron zu den Stimmen. Doch diese Patzer werden von Sandfall spätestens in Patches korrigiert; wichtiger ist, dass das Gerüst stimmt und die meisten Spieler:innen sie als kleine Kratzer auf einer ansonsten beeindruckenden Leinwand wahrnehmen.

Klangteppich der Emotionen

Ein pointiertes Lob verdient der Soundtrack. Komponist Lorien Testard hat für die Hafenstadt Lumière ein sanftes Orchestermotiv geschrieben, in dem Klarinetten – die an französische Strassencafés erinnern – auf leise Streichereinsätze treffen. In Bosskämpfen zieht er hingegen epische Streicherwogen auf, die zusammen mit wuchtigen Trommeln zum orchestralen Schlagabtausch anwachsen. Innerhalb weniger Minuten spiegelt die Musik das komplette Spektrum des Spiels wider: stille Trauer, gnadenlose Härte und triumphale Erlösung. So schafft es der Sound, selbst nüchterne Lageberichte und praktische Tutorial-Sektionen mit einer Gänsehaut-Schwingung zu ummanteln.

Metacritic und die Community-Liebe

Dass ein vergleichsweise unbekanntes Debütstudio es schafft, den User-Score auf Metacritic auf 9,7 zu treiben, ist aussergewöhnlich. Die Zahlen stehen inzwischen bei fast 11’000 Bewertungen und schwanken kaum noch. Analyst:innen sehen darin ein Indiz für echte Begeisterung statt nur kurzfristigem Hype. Viele Kommentare loben das Timing-System, applaudieren der dichten Handlung ohne Längen und feiern den frischen Anstrich im Genre.

Kritiker-Review-Aggregatoren gaben dem Game im Schnitt 92 Punkte – selbst Genre-Schwergewichte wie Final Fantasy XVI oder Baldur’s Gate 3 bewegen sich in ähnlichen Regionen, erreichen sie aber oft nur durch grosse Marketing-Maschinerien. Clair Obscur demonstriert, dass Substanz und Herzblut manchmal weit mehr resonieren als PR-Gepolter.

Clair Obscur: Expedition 33 – das neue JRPG mit Timing-Kämpfen und 9,7 Metacritic-Score von Fans und Kritikern
Quelle: Steam / Sandfall Interactive

Verkaufserfolg in Abo-Zeiten

Ein weiterer Beleg für den Triumph: Obwohl Clair Obscur bereits am Tag 1 im Xbox Game Pass und PC Game Pass verfügbar war, meldete Sandfall Interactive 500 000 Einheiten beim Launch und schnell darauf 1 000 000 Verkäufe. Das widerlegt gängige Thesen, Abo-Verfügbarkeit mindere Box-Sales. Vielmehr scheint der herausragende Metacritic-Score als Kauf-Motivation zu fungieren – Spieler:innen greifen nach der Testphase zu, um das Debütteam direkt zu unterstützen.

Ein JRPG-Leuchtfeuer 2025

Clair Obscur: Expedition 33 ist kein perfektes Spiel, aber es besitzt die Essenz dessen, was JRPG-Fans seit Jahren vermissen: eine kompakte, emotionale Reise ohne sinnlosen Ballast, eine taktisch anspruchsvolle Kampfmechanik und eine Welt, die in Erinnerung bleibt. Timing-Action im Rundenkampf, Verlust als zentrales Thema und orchestrale Klangmalerei haben Hand in Hand eine Metacritic-Revolution ausgelöst. Kleine Studios können Grosses leisten, wenn sie Ideen mutig umsetzen und den Fokus auf Spielerlebnis legen.

Wer also 2025 kein Klischee-JRPG mehr sehen kann, aber auch nicht in reines Action-Getümmel abdriften will, findet in der Expedition 33 eine perfekte Balance. Und wer weiss: Vielleicht ist das hier erst der Anfang einer neuen Welle kleiner, mutiger Rollenspiele, die statt ellenlanger Questketten schlicht mit Herz überzeugen.

Alle Angaben basieren auf verschiedensten Testberichten von GameStar und Digitec, den offiziellen Pressematerialien von Sandfall Interactive und den Metacritic-Statistiken.

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