Golden Moments_2019_OG

Golden Moments 2019: The Power of Flowers and Friendship

2019 war ein sehr gutes Jahr für eSport. Auch dieses Jahr wurden wieder Zuschauer-Rekorde gebrochen, Preisgelder erhöht und immer mehr Investoren steigen in das äusserst lukrative eSport-Geschäft ein. Als Zuschauer war das Jahr genauso gut, die Qualität der Produktion wurde erhöht und die Spieler lieferten ein spannendes Event nach dem anderem.

Heute möchte ich mich jedoch auf nur eines dieser Events konzentrieren. Und zwar das Dota International (kurz TI) 2019. Um allerdings die Nuancen hinter diesem Event zu verstehen, müssen wir ein wenig ausholen, und zwar zur Gründung von (monkey) Business oder wie man sie heute kennt: OG. Man könnte jetzt noch viel weiter ausholen und die komplette Beziehung zwischen den 2 Gründern Fly und n0tail erklären, da diese sehr viel damit zu tun hat, warum diese Geschichte so gut ist. Ich erlaube mir aber, diese hier abzukürzen.

Fly und n0tail waren alte Freunde und spielten seit dem Start ihrer Karrieren im selben Team. Sie waren auch sehr erfolgreich – zum Beispiel als sie für Fnatic spielten. Schnell stellte sich jedoch heraus, dass es den beiden nicht passte, wie Teams alljährlich nach dem TI-Event ihre Spieler gegen neue austauschten. So gründeten sie 2015 (monkey) Business, mit dem Ziel ihre Spieler zu entwickeln, statt sie zu ersetzen. Fly brachte seinen alten Teamkameraden MoonMeander mit, sie rekrutierten den dänischen Veteranen Cr1t- und vollendeten das Roster mit Miracle-, einem jungen Talent aus Soloque. Mit diesem Lineup qualifiziertem sie sich für den Frankfurt Major 2015 und untergingen ein Rebranding. Unter dem Namen OG und mit RedBull als Sponsor flogen sie nun nach Frankfurt. In Frankfurt waren die Leute skeptisch. Ein komplett neues Team, das bisher nur ein Turnier gespielt hat, soll hier gewinnen? Niemals. Die Spieler haben zu wenig Lan-Erfahrung, sind noch nicht eingespielt etc.

Aber OG hatte andere Pläne.

Sie gewannen den Major und nicht nur diesen. Nächster Halt war Shanghai und ein weiterer Major Titel. Danach Manila, noch ein Titel und mit ihrem letzen Sieg an der ESL One qualifizierten sie sich fürs TI 2016. Dort standen OG’s Karten allerdings nicht so gut und sie wurden früh eliminiert, auf dem 9-12 Platz. Die Niederlage traf das Team hart und es folgten radikale Rosterchanges. Nur Fly, n0tail und der Coach, damals 7ckinmad, heute Ceb, blieben. Um die Lücken zu füllen rekrutierten sie s4, von Team Alliance, Jerax von Team Liquid und Ana von Invictus Gaming. Mit diesem neuen Roster legten sie einen starken Start hin, gewannen den Boston Major 2016 und wurden somit das erste Dota 2 Team das einen Major Titel erfolgreich verteidigt. Sie blieben weiterhin stark, gewannen den Kiev Major und qualifizierten sich als einer der Favoriten für TI 2017.

Das ist jetzt der Punkt in der Geschichte, an dem es bergab geht.

Das Team, das 2015-17 die europäische Dota 2-Szene dominierte und mehrere Rekorde hielt als Team das mehrere Majors gewonnen und verteidigt hat, wurde wieder früh eliminiert. Nach dem Turnier entschied Ana sich eine Pause zu machen und ein Stand-in wurde organisiert.

Die erneute Enttäuschung schien tief zu gehen, denn OG hatten Mühe ihre ehemalige Form aufrecht zu erhalten. Sie enttäuschten die Erwartungen ihrer Fans, schlossen mässig bis schlecht an den Majors ab und konnten sich nicht einmal durch Punkte fürs TI qualifizieren. Um im Jahr 2018 an TI mitmachen zu können, würden sie den Open Qualifier spielen müssen. Es sah alles sehr schlecht aus für OG.

Vom Regen in die Traufe, ist hier wohl am passendsten als Metapher für das, was als nächstes passierte.

3 Monate vor TI war die Dota 2 Szene geschockt, als OG verkündete, dass Fly und s4 das Team verlassen würden für Evil Genius. Fly, einer der Gründer des Teams und langjähriger Freund und Teamkamerad von n0tail, verliess das Team kurz vor dem wichtigsten Turnier des Jahres, weil “er in einem anderen Team eine bessere Chance hat zu gewinnen”. Seine Statements und Taten gingen komplett gegen die Gründungsidee von OG und Fans sowie seine ehemaligen Mitspieler waren überhaupt nicht amüsiert.

OG bestand jetzt nur noch aus n0tail, Jerax und der Coach Ceb und TI 2018 stand kurz vor der Tür.

Und so machten sich Ceb und n0tail an die Arbeit. Sie schafften es Ana zu überzeugen zurückzukommen und Ceb nutzte die Chance, um einen Spieler zu rekrutieren, den er schon länger im Hinterkopf hatte. Topson, ein junger Streamer der bekannt ist für verrückte, abnormale Strategien. Der Erfolg dieser Strategien war nicht immer gegeben, weshalb er auch bis dahin noch in keinem Team Unterschlupf fand.

Mit einem jetzt fast kompletten Roster suchte OG nach einem 5. Spieler aber die Zeit rannte ihnen davon. So entschied sich der Coach Ceb kurzerhand selbst einzuspringen.
Und somit wurde TI 2018 eröffnet, mit OG in den Open Qualifiers und weit von der Rolle des Turnierfavoriten entfernt. Die Open Qualifiers waren jedoch kein grosses Hindernis für OG und sie qualifizierten sich für die Gruppenphase. Ab hier jedoch wurde es schwieriger.

OG hatte Startschwierigkeiten in ihrer Gruppe, aber es war relativ schnell klar: das Team das hier spielte, war OG 2.0. Die Präsenz eines Coaches in-Game war deutlich zu spüren. OG spielte kreativ, verrückt, teilweise unnachvollziehbar aber vor allem eines: Mit viel Selbstvertrauen.

Jedem Play, jedem Kill folgte ein Voiceline oder Spray oder sonst irgendwas, um den Gegner zu provozieren. OG führte Krieg auf psychologischer Ebene und dieser Stil kombiniert mit ein paar genialen Plays der Spieler qualifizierte das Team für die Finalrunde. Und während das Turnier in die Finalrunde ging, war die Aufwärmrunde für OG vorbei und sie schalteten 3 Gänge höher. Sie eliminierten VGJ.Storm in einem schnellem 2:0 und standen nun Evil Genius gegenüber. Das neue Team von Fly, das Team das laut Fly bessere Chancen habe, dieses Turnier zu gewinnen. EG, ein Favoritenteam gegen OG, die bis vor kurzem nur 3 Leute waren und jetzt mit ihrem Coach im Lineup spielen. Aber vor allem war es Fly gegen das Team, das er in den Augen vieler Fans verraten hat.

Und selten war es so befriedigend den Underdog gewinnen zu sehen.

EG verlor in einem deutlichen 2:1 und OG machte sich bereit im Finale gegen Paris.LGD zu spielen, der letzte Test. Eine Serie über die man noch Jahre sprechen wird. OG gewann das erste Spiel, aber LGD liess das nicht auf sich sitzen und gewann die nächsten 2. Jetzt stand es 2:1 für LGD und OG war kurz davor zu verlieren. In Game 4 jedoch drehten sie den Spiess um und Ceb bewies den allerletzten Zweiflern, dass er mehr als nur gut genug ist, um mit seinen Spielern mitzuhalten. Es begann mässig und LGD lag vorne, aber der französische Coach liess das nicht auf sich sitzen und holte Play by Play das Spiel zurück, um die Series auszugleichen. Und in Game 5 war OG nicht mehr aufzuhalten, LGD schlug sich ehrenhaft, aber schlussendlich ging OG als Sieger von der Bühne.

Unsere Geschichte hört hier jetzt allerdings nicht auf, die Serie heisst ja “Golden Moments of 2019” und alles was ich gerade erzählt habe war aus 2018. Nein, die Geschichte von OG ist, meiner Meinung nach, auch heute noch nicht fertig, denn sie werden nur besser. Aber ich schreibe über sie, weil sie dieses Jahr erneut TI gewonnen haben, als erstes Team, das jemals einen TI Titel verteidigt hat. Sie hatten sogar das exakt selbe Roster wie letztes Jahr, und bleiben somit ihrem Gründungsgedanken treu: Spieler entwickeln, statt ständig zu ersetzen. Sie haben alles erreicht, was sie wollten, unter fast unmöglichen Umständen und darum ist OG’s Geschichte einer meiner “Golden Moments of 2019”, auch wenn nicht alles dieses Jahr stattfand.

Jeremy "CinderellaMan" Ruffier des Aimes

Kolumnist

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